„Warum es Aussage-Verweigerungsrecht für Fanprojekte braucht!“

Das Fanprojekt Eintracht Braunschweig meldete sich am gestrigen Montag zum Thema „Aussage-Verweigerungsrecht für Fanprojekte“ zu Wort, nachdem die Braunschweiger Ultras im Heimspiel gegen Fortuna Düsseldorf ein Spruchband zum Thema zeigten.

Ultras von Eintracht Braunschweig fordern via Spruchband ein Aussageverweigerungsrecht für Mitarbeitende in Fanprojekten.
Ultras von Eintracht Braunschweig fordern via Spruchband ein Aussageverweigerungsrecht für Mitarbeitende in Fanprojekten. Bild: faultier381

In einem Facebook-Post sprich sich das Fanprojekt Braunschweig mit Bezug auf die Geschehnisse rund um das Fanprojekt Karlsruhe für ein Aussage-Verweigerungsrecht aus. Ärzte, Anwälte und Geistliche könnten bereits von solch einem Recht Gebrauch machen. Und auch für Sozialarbeiter müsse es in sensiblen Fällen die Möglichkeit geben, die Aussage zu verweigern, erklärt das Fanprojekt. „Nur so kann gute und ehrliche Sozialarbeit funktionieren!“ (Faszination Fankurve, 31.10.2023)

Faszination Fankurve dokumentiert die Stellungnahme des Fanprojekts Eintracht Braunschweig:

Warum es Aussage-Verweigerungsrecht für Fanprojekte braucht!

Viele von euch wissen es sicherlich: Natürlich sind wir als Fanprojekt am Spieltag für alle Einträchtler in so ziemlich allen Problemlagen ansprechbar. Insbesondere jenseits der Spiele gehen wir aber jener Tätigkeit nach, für die wir finanziert werden: wir sind Jugendsozialarbeiter nach dem SGB § 8, sprich wir leisten pädagogische Arbeit mit jungen Eintracht-Fans bis zu 27 Jahren.

Derartige Jugendsozialarbeit hat sich deutschlandweit jahrzehntelang bewährt, Stichwort Prävention und Stärkung junger Menschen. Bis es zu Beginn dieses Jahres in Karlsruhe zu einer für uns alle bis dato undenkbaren Eskalation kam:

Beim KSC hatte es in der neuen Fankurve eine Pyro-Aktion gegeben, die arg aus dem Ruder gelaufen war. Einige Fans klagten über Beschwerden aufgrund der Rauchentwicklung, weshalb sich die dortige aktive Fanszene an das Fanprojekt wandte, um einen Dialog mit den Betroffenen in einem geschützten Raum und unter professioneller Anleitung zu starten. Eine sehr ehrliche Möglichkeit, die Geschehnisse aufzuarbeiten und natürlich versuchten unsere Kolleginnen und Kollegen, hier zu vermitteln.

Das Problem: die Polizei ermittelte parallel wegen der Pyroshow und lud nun auch die Fanprojektler als Zeugen vor Gericht. Sie sollten ihr Wissen über die aktive Fanszene darstellen und damit Einblicke offenbaren, die sie natürlich vertraulich und ausschließlich im Rahmen ihrer hauptamtlichen (Sozial-)Arbeit erhalten hatten. Ganz so, wie Ärzte oder Anwälte natürlich auch sensible Einblicke in das Leben von Menschen erhalten, die Dritten sonst (zurecht) verwehrt bleiben.

Unsere Kolleginnen und Kollegen im FANPROJEKT KARLSRUHE standen also vor einem Dilemma: Aussagen und damit jene junge Menschen fundamental enttäuschen, mit denen sie sonst pädagogisch arbeiten, die ihnen vertraut hatten. Oder die Aussage verweigern, eben weil sonst die eigene Arbeit nicht möglich wäre.

Das Fanprojekt Karlsruhe entschied sich für Letzteres. Nicht, um potenzielle Straftäter zu decken, sondern weil es der eigene Arbeitsethos erfordert: Pädagogische Arbeit im geschützten Raum ist nicht möglich, wenn dieser Raum eben nicht absolut sicher geschützt ist.

Bundesweit solidarisierten sich politische Institutionen und natürlich viele Fanszene mit dem Karlsruher Fanprojekt. Dennoch versuchte die Staatsanwaltschaft, sie zur Aussage zu „zwingen“: Erst durch das Verhängen von Ordnungsgeldern, schlussendlich durch das Androhen von Beugehaft. Knast oder professionelle Sozialarbeit, vor diesem Dilemma stand das Fanprojekt.

Die Beugehaft konnte in letzter Sekunde abgewendet werden. Der Missstand bleibt dennoch: auch für Sozialarbeiter – und das sind natürlich nicht nur Fanprojektler! - muss es die Möglichkeit geben, in sensiblen Fällen die Aussage zu verweigern. So wie es Ärzte, Anwälte und Geistliche bereits jetzt können. Nur so kann gute und ehrliche Sozialarbeit funktionieren!

Wir danken daher unserer Ultrà-Szene – BTSV Eintracht 1895 für das starke Spruchband beim Spiel gegen Fortuna Düsseldorf! Zwar gehört zur Wahrheit, dass wir in Braunschweig von Karlsruher Verhältnissen derzeit (zum Glück) weit entfernt sind, aber der Missstand bleibt trotzdem: es braucht ein Zeugnisverweigerungsrecht für Fanprojekte und die soziale Arbeit, jetzt!

Mehr zum Thema erfahrt ihr zum Beispiel hier: https://www.zeugnis-verweigern.de/

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