Ultrà Sankt Pauli ruft zu fünf Minuten Boykott auf

Unter dem Motto „Fußball muss bezahlbar bleiben – gegen Topspielzuschläge und steigende Ticketpreise!“ ruft Ultrà Sankt Pauli zum Boykott der ersten fünf Minuten des Auswärtsspiels bei Eintracht Braunschweig auf.

Die FC St. Pauli-Fans müssen am 01. September 2023 im Eintracht-Stadion einen Topspielzuschlag von vier Euro zahlen. Weitere drei Zweitligaclubs sind von diesem Topspielzuschlag in Braunschweig ebenfalls betroffen. Um ein Zeichen gegen Ticketpreise von über 20 Euro zu setzen, soll der Gästeblock in Braunschweig die ersten fünf Minuten komplett leer bleiben. (Faszination Fankurve, 25.08.2023)

Ultrà Sankt Pauli beim letzten Gastspiel in Braunschweig. Bild: faultier381

Faszination Fankurve dokumentiert die Stellungnahme von Ultrà Sankt Pauli:

++Boykott der ersten 5 Minuten des Spiels vor dem Block!++
Fußball muss bezahlbar bleiben – gegen Topspielzuschläge und steigende Ticketpreise!

Moin St. Pauli-Fans,

beim Spiel in Braunschweig werden wir die ersten 5 Minuten des Spiels vor dem Block verbringen, um dann gemeinsam, geschlossen und lautstark den Block zu betreten! Wir würden uns freuen, wenn Ihr diese Entscheidung teilt und dieses wichtige Zeichen mit uns gemeinsam setzt.

Wie kam es zu dieser Entscheidung?

Ihr kennt uns – nichts ist uns wichtiger, als die Spiele unseres Magischen FCs zu sehen – egal wo, egal wann! Auch in Braunschweig waren wir schon unzählige Male und haben gute wie auch schlechte Momente erlebt.

Was ist dieses Mal anders? In dieser Saison hat der BTSV sich dazu entschlossen, einen „Topspielzuschlag“ für fünf Partien auszurufen – unser Auswärtsspiel ist eines davon. Die Tickets kosten entsprechend 4 Euro (!) mehr als bei den anderen Spielen der Eintracht in dieser Saison. Im Vergleich zu unserem Spiel in Braunschweig letzte Saison wurden somit die Vollzahlertickets innerhalb eines Jahres um 5 Euro erhöht.  „Topspielzuschläge“ sind keine Neuheit in deutschen Stadien, sondern seit Jahren ein beliebtes Mittel um aus bestimmten Paarungen noch mehr Gewinn zu ziehen.

Bereits die 2010 ins Leben gerufene Kampagne „Kein Zwanni für ’nen Steher“ hat mit Bauchschmerzen auf Topspielzuschläge und auf die generelle Ticketpreisentwicklung geschaut. Die 20€-Marke ist seitdem eine, die sich für Stehplatzbereiche deutschlandweit als Maßstab etabliert hat und erfreulicherweise selten überschritten wird, sicher auch ein Erfolg der damals sehr präsenten Kampagne. Bis heute hält sich diese Marke selbst in der Bundesliga bei Top-Spielen noch relativ stabil.

Am Freitag wird sie in Braunschweig überschritten.

Wir haben keinen Bock auf englische Verhältnisse, wir wollen, dass der Fußball bezahlbar bleibt. Nur so kann auch lebendige und aktive Fankultur bewahrt werden, in der sich jede und jeder, egal ob jung oder alt, unabhängig von irgendwelchen Einkommensverhältnissen einbringen und Teil der großen Faszination Fußball sein kann.

Wenn wir Preissteigerungen und dreiste Topspielzuschläge einfach hinnehmen, sehen wir dafür in Zukunft schwarz. Ein Blick nach England erklärt, warum: Die günstigste Dauerkarte bei Tottenham kostet in der Saison 23/24 ganze 936€, ein durchschnittliches Tagesticket 83€, das billigste Segment liegt bei 43€. Viele aus unseren Reihen könnten sich diese Preise nicht leisten.

Einer entsprechenden Entwicklung in Deutschland gilt es entsprechend entschlossen und kraftvoll entgegenzutreten, nicht nur in Braunschweig!

Wir hatten bereits 2021 mit einem Spruchband und einer Erklärung zu „Friede den Kurven – Kampf den Verbänden“ unter anderem die überhitzte finanzielle Dynamik des Wettbewerbs, die immer mehr Vereine in den Ruin treibt oder in risikoreiche Finanzkonstrukte drückt, angeprangert. Nachhaltigkeit und neue Demut waren während Corona leere Floskeln der Vereine und Verbände. Die Profitmaximierung des Profifußballs geht seitdem unverändert weiter und findet sich so auch in den Eintrittspreisen wieder.

Gleichzeitig stagnieren die Löhne, obwohl alles andere immer teurer wird, weswegen viele Menschen immer größere Schwierigkeiten haben, den Stadionbesuch noch bezahlen zu können.

Für ein durchschnittliches Ligaspiel 21€ zu bezahlen, sprengt daher den Rahmen dessen, was wir bereit sind, unwidersprochen zu schlucken.

Wir haben lange diskutiert, wie wir auf diese Entwicklung reagieren wollen. Entschieden haben wir uns für das deutliche Zeichen eines kurzzeitig leeren Blocks! Lasst uns gemeinsam den BTSV spüren lassen, dass ihre Preispolitik inakzeptabel ist und in Zukunft zum Fernbleiben von Fans führen kann.

Protest ist nie umsonst. Durch aktive Fankultur wurden “englische Verhältnisse” bisher zumindest verlangsamt, einige grobe Missstände abgeschafft. Dass wir keine Montagsspiele mehr in der 2. Bundesliga haben oder die Investorenpläne der DFL zuletzt gescheitert sind, ist ohne Proteste, wie zuletzt in unserer Fanszene, nicht denkbar.

Daher wollen wir die ersten 5 Minuten des Spiels draußen vor dem Block stehen bleiben, um dann lautstark und kraftvoll geschlossen den Block zu betreten! Schließt Euch uns an!

Seid mit uns gemeinsam solidarisch gegen einen Fußball, den sich nur die Gut- bis Spitzenverdienenden leisten können!

Fußball muss bezahlbar bleiben – und zwar für alle!

Ultrà Sankt Pauli, August 2023

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